,,Lieutenant, konnten die Schäden an den Segeln und Masten repariert werden?‘‘, fragte Chevalier d‘Rouge, kaum dass er die Kapitänskajüte der ,,Le Coq‘‘ verlassen hatte. ,,Mais oui, capitaine!‘‘, verkündete der Angesprochene, drehte sich um und wies auf den Hauptmast. Der französische Ritter blickte auf die geflickten Segel und zeterte los: ,,Wie konntet Ihr es wagen, die Matrosen für die Reparatur unserer sonst so schön sauberen Segel diese dreckigen Lumpen verwenden zu lassen?‘‘ ,,E-excusez-moi, capitaine. Aber die letzten Vorräte von den edleren Stoffen sind zu Kissen und Decken für die Mannschaft verarbeitet worden.‘‘ ,,So, und welcher Idiot hat den Befehl gegeben, die Soldaten und Matrosen derart zu verzärteln?‘‘ ,,Wenn misch meine Erinnerung nischt täuscht, wart Ihr das. Ihr wolltet, dass die Männer während der Reise die Annehmlichkeiten von la France nicht missen müssen. Das hebe die Stimmung.‘‘ ,,Oh. Nun, wenn das so ist, dann vergesst, was isch gesagt habe. Zumindest den Teil mit dem Idioten. Ach, und die Matrosen sollen nach Kräften versuchen, diese dreckigen Fetzen wenigstens halbwegs gereinigt zu bekommen.‘‘, sagte d‘Rouge, während seine gepuderten Wangen sich rot färbten. Eiligst begab er sich zu den Masten, um auch sie zu inspizieren. ,,Hmm… Planken, gefertigt aus Holz aus dem Territoire amazonien, befestigt mit vergoldeten Nägeln. Auf Lieutenant Subsidé ist doch noch Verlass.‘‘, murmelte der Adelige. Zufrieden schritt er zur Treppe, welche aufs Achterdeck führte. Da kam ein Schiffsjunge hastig den Niedergang hochgerannt: ,,Capitaine, wir haben ein Deck!‘‘ ,,Wie… Was… Aber natürlich, mein Junge. Jedes Schiff hat mindestens ein Deck.‘‘ ,,Excusez-moi, Sire! Ich meinte ein Heck!‘‘ ,,Hat auch jedes Schiff! Was willst du mir damit eigentlich sagen?‘‘ ,,J-jetzt fällt‘s mir wieder ein! Isch meine ein Leck!‘‘ ,,Hat auch – Was sagst du da?‘‘, fragte Chevalier d‘Rouge entsetzt. ,,Ein Leck! Im Kielraum, hinter der Bilge!‘‘ ,,Vielleicht sind wir über ein Riff gefahren. Sofort zunageln und das eingetretene Wasser abschöpfen!‘‘ ,,Aye, aye!‘‘ Der Junge rannte los. ,,Puh, das Kommandieren eines Schiffes ist wahrlich kein Zuckerschlecken!‘‘, brummte der Chevalier und wischte sich mit einem bestickten Seidentuch den Schweiß von der Stirn, ,,Was man nischt alles für seinen König tut…‘‘ Er setzte seinen Weg aufs Achterdeck fort und ergriff schließlich mit einer eleganten Bewegung das Steuerrad. ,,Sire, Ihr wollt selbst steuern?‘‘, fragte der Steuermann. ,,Oui. Habt ihr etwas dagegen?‘‘, entgegnete der Ritter. ,,Non. Ich dachte nur… Ihr wärt Euch eventuell zu schade für eine solche Tätigkeit.‘‘ ,,Nun, mon ami, ich bin mir in der Tat für manches zu schade. Aber das Steuern unseres stolzen Flaggschiffs gehört nicht dazu.‘‘ Bevor der Steuermann der ,,Le Coq‘‘ etwas erwidern konnte, schallte es aus dem Ausguck: ,, ,Sirene‘ voraus! Sie ankert vor einer Insel!‘‘ Chevalier d’Rouge wurde schlagartig bleich wie ein Gespenst. Er flüsterte: ,,Also sind sie ihm nahe, oder ’aben es bereits gefunden…‘‘ Dann räusperte er sich und rief seiner Mannschaft entschlossen zu: ,,Lasst uns unsere einst so wundervoll sauberen Segel rächen – und selbstverständlich das Sonnenjuwel in den Besitz der französischen Krone bringen!‘‘