Kap. 13: Kein Sonnenjuwel für d‘Rouge

,,Wie… Was… Warum seid Ihr hier?‘‘, krächzte Captain Jake Blue mit vor Aufregung heiserer Stimme. ,,Glück muss man ’aben, monsieur le capitaine!‘‘, erklärte Chevalier d‘Rouge, ,,Na ja und ein gut trainierter Mann im Ausguck ist natürlich auch wichtig!‘‘ ,,U-und was macht Ihr j-jetzt?‘‘, bibberte Eddy. ,,Das ist eine sehr gute Frage, die isch sogleich beantworten werde.‘‘, sagte der französische Ritter, bevor er sich räusperte und verkündete: ,,Captain Jake Blue, aufgrund Piraterie im Karibischen Meer und Widerstands gegen die französische Kriegsmarine erkläre isch Euch und Eure Mannschaft kraft meines Amtes zu Gefangenen der französischen Krone!‘‘ ,,Moment mal, dürft Ihr das überhaupt?‘‘, fragte Robin skeptisch. ,,Und wie isch das darf!‘‘, ereiferte sich der Franzose, ,,Erstens bin isch ein Ritter! Und zweitens gehört auch meine Wenigkeit zu den Geschädigten. Ihr ’abt mein Schiff beschädigt! Und euer Kapitän tritt wie ein Pferd!‘‘ ,,Ah, ich erinnere mich. Könnt Ihr denn wieder kämpfen?‘‘ ,,Isch konnte auch nach Eurem Tritt noch kämpfen! Doch isch wollte Euch ein Erfolgserlebnis verschaffen, da isch dachte, Ihr würdet dann nachlässiger – und es ’at funktioniert!‘‘ ,,Schlaue Taktik, Chevalier!‘‘, lobte Jake Blue, ,,Nur müsst Ihr noch eines lernen: Erst die Gefangenen fesseln, dann reden!‘‘ Mit diesen Worten warf er sich nach vorne und stieß Chevalier d‘Rouge von den Füßen. Die Soldaten entsicherten ihre Gewehre. Das hätten sie besser schon vorher getan, denn so gaben sie den Piraten Zeit, sie nach allen Regeln der Kunst zu überwältigen. Während ein Teil der Mannschaft mit vereinten Kräften die Franzosen auf ihr Schiff zurücktrieb, machte der andere die ,,Sirene‘‘ fluchtbereit und so waren nur wenige Minuten vergangen, als die Piraten eine beachtliche Menge an Wasser zwischen ihre Schebecke und die ,,Le Coq‘‘ gebracht hatten. Da sah Jake Blue durch sein Fernrohr, wie die Franzosen die Segel setzten, um die Verfolgung aufzunehmen. Er seufzte: ,,Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn‘s hiermit vorbei wäre.‘‘ Er drehte sich um und schrie: ,,Los, Leute, zur Unterstützung der Segel auch noch Hängematten, erbeutete Stoffe und was sich sonst noch anbietet, hissen!‘‘ Die Seeräuber sahen sich zwar gegenseitig verdutzt an, aber sie wagten es nicht, die Befehle des Captains in Frage zu stellen, zudem war das hier der absolute Ernstfall. Also taten sie, was ihnen befohlen worden war. Und tatsächlich, die Geschwindigkeit der ,,Sirene‘‘ erhöhte sich dank der ,,Notsegel‘‘ merklich. Aber die französische Galeone näherte sich dennoch bedrohlich schnell. ,,Ich fürchte, wir haben keine andere Wahl. KANONEN FEUERBEREIT MACHEN UND RUDER HART STEUERBORD! Wir empfangen sie mit einer vollen Breitseite!‘‘, befahl Jake. Als die ,,Sirene‘‘ schließlich wie eine Mauer quer im Weg der ,,Le Coq‘‘ lag, wartete der Captain geduldig auf den richtigen Moment, ehe er schrie: ,,FEUER!‘‘ Briggs stand am Niedergang und gab den Befehl nach unten weiter: ,,FEUER!‘‘ Mit lautem Krachen flogen die Kanonenkugeln los und rissen Löcher in die Segel der ,,Le Coq‘‘ Trotzdem näherte sich das französische Flaggschiff dem Piratenschiff immer weiter. Als es kurz vor der ,,Sirene‘‘ war, warf es Anker und Chevalier d‘Rouge kam mit gezogenem Degen über den Klüverbaum gelaufen. Er sprang auf die Schebecke herab, richtete die Spitze seiner Waffe auf Captain Jake Blue und fauchte: ,,Meine Segel! Meine wunderschönen sauberen Segel! Diesmal entkommst du mir nicht!‘‘ Wutentbrannt stürzte sich der Ritter auf den Piraten. Doch Jake war ein erfahrener Bukanier. Blitzschnell sprang er außer Reichweite und zog seine eigene Waffe. Hinter seinem Gegner sah er, wie Briggs und einige andere Männer das Gitter von der Ladeluke hoben, und den Kameraden, die unten standen, ein riesiges Tuch, welches vorhin Teil der Notsegel war, reichten. Der Piratenkapitän verstand. Mit geschickten Hieben trieb er den Ritter an den Rand der Luke und stieß ihn schließlich hinab. Der Franzose landete auf dem Tuch, welches die Jungs straff zwischen sich aufgespannt hatten und wurde in die Luft geschleudert. Als er wieder runterkam, änderten die Piraten den Winkel und d‘Rouge flog in hohem Bogen hinüber zur ,,Le Coq‘‘. Jake Blue rannte zum Steuerrad. ,,Jetzt kommt das große Finale!‘‘ Er steuerte die ,,Sirene‘‘ neben das französische Flaggschiff, atmete tief durch und schrie abermals: ,,FEUER!‘‘ Die Kanonenkugeln durchschlugen die Bordwände der Galeone. Chevalier d‘Rouge und seine Mannen versuchten, das Unvermeidliche hinauszuzögern und retteten sich auf die Masten. ,,Wir sprechen uns noch, dreckiger Pirat! Isch komme wieder und dann ist’s vorbei mit dir!‘‘, schrie der Chevalier der davonfahrenden ,,Sirene‘‘ hinterher. Auf dem Schiff freuten sich die Seeräuber und warfen ihre Hüte in die Luft. Am allermeisten aber freute sich der Captain: Endlich konnte er sein Versprechen einhalten!